Projektbeschreibung
Ausgangslage
Raumwärme macht etwa zwei Drittel des Endenergieverbrauchs der privaten Haushalte aus und ist damit von hoher klimapolitischer Relevanz. Der Erfolg von effizienzsteigernden Maßnahmen, gemessen an Energie- und/oder Kosteneinsparungen, wird mit Hinweis auf Rebound-Effekte von Investoren häufig in Zweifel gezogen. Dabei wird die Differenz zwischen dem gemessenen Energieverbrauch und dem berechneten Bedarf oft allein den Bewohnern zugeschrieben, die durch ihr (Fehl-)Verhalten die theoretisch möglichen Einsparziele konterkarieren. Zum Teil werden auch Fehlanreize unterstellt (z. B. bei Transferleistungsempfängern). Zugleich gibt es wissenschaftliche Erkenntnisdefizite hinsichtlich des komplexen Geflechts von nutzer- und technisch-/baulich-bedingten Anteilen am (Mehr-)Verbrauch, der unterschiedlichen Verhaltensweisen verschiedener Nutzergruppen und der zugrundeliegenden Ursachen für die verhaltensbedingte Mehrnachfrage.
Ziele
Vor diesem Hintergrund zielt das Projekt auf die vertiefende Analyse der Entstehungskomponenten und Stabilität direkter Rebound-Effekte im Wärmebereich in Haushalten mit unterschiedlichem sozio-kulturellen/ -ökonomischen Hintergrund. Dabei sind die auf nicht angepasstes Verhalten der Nutzer zurückzuführenden Rebound-Effekte abzugrenzen von baulich-technischen Einflüssen, die zu Energieeinspardefiziten führen. Mit einem tieferen Verständnis der Ursachen von Rebound-Effekten bzw. Energieeinspardefiziten trägt KOSMA zum einen zur Versachlichung der Debatte bei. Zum anderen wird damit die Basis geschaffen, um gemeinsam mit den involvierten Praxispartnern Maßnahmen zur wirksamen Eindämmung direkter Rebound-Effekte zu entwickeln. Neben den direkten Rebound-Effekten und möglichen baulich-technischen Einflussgrößen einer Energie-Effizienz-Lücke werden auch indirekte Rebound-Effekte betrachtet. Untersucht werden soll, inwieweit die Emissions-mindernden Effekte energetischer Sanierungsmaßnahmen möglicherweise zunichte gemacht werden, weil bei den Heizkosten gespartes Geld für klimaschädliche Aktivitäten oder Anschaffungen verwendet wird oder weil – mit dem Hinweis auf den Beitrag zum Klimaschutz durch die energetische Sanierung (moralischer 'Freifahrtschein') – auf weitere Effizienzmaßnahmen verzichtet wird. Hiermit werden Grundlagen für (Kommunikations-)Strategien zur Minimierung indirekter Rebound-Effekte geschaffen.
Vorgehen
In zwei aufeinander folgenden Heizperioden soll eine zweistufige quantitative Mieterbefragung im Bestand der Nassauischen Heimstätte durchgeführt werden: In der Hauptbefragung (ca. n = 2.000) im Winter 2019/2020 werden das Wärmenutzungsverhalten und dessen (psychologische) Einflussgrößen im Vergleich unterschiedlicher Nutzertypen (z. B. Gering-/Normalverdiener, mit/ohne Migrationshintergrund) untersucht. Die Befragungsergebnisse werden - soweit möglich - mit Verbrauchsdaten gespiegelt. In der etwa 12 Monate (2020/2021) später stattfindenden zweiten Befragung (ca. n = 600) wird mit einem experimentellen Design (Vignettenansatz) getestet, welche Einflusskonstellationen die Anfälligkeit für Rebound-Effekte bestimmen und welche konkreten Maßnahmen für deren Eindämmung verhaltenswirksam sein dürften. Ergänzend liefern energetische Berechnungen zu ausgewählten Gebäuden Informationen zur Wirkung nutzerseitiger und technischer Aspekte bei Heizverbräuchen. Auf dieser Basis werden in Zusammenarbeit mit Praxispartnern unterschiedlicher Institutionen konkrete Vorschläge für die Ausgestaltung von Erfolg versprechenden Maßnahmenbündeln entwickelt.
Das Projekt ist in zehn Arbeitspakete gegliedert.
Bearbeitungszeitraum
Oktober 2018 - Dezember 2022
Fördermittelgeber
Bundesministerium für Bildung und Forschung / Projektträger DLR (FKZ: 01UT1704A-D)